„Lebendiger Hauptfriedhof“ der Öffentlichkeit vorgestellt

Jetzt ist es offiziell: am 20. August wurde das Projekt unter dem Schlagwort „Natur- und Artenschutz auf dem Hauptfriedhof“ durch die zuständige Bürgermeisterin Bettina Lisbach, den Amtsleiter der Friedhofsverwaltung Matthias Vogel, Clemens Ball von der Friedhofsgärtnerei und NABU-Vorsitzenden Artur Bossert der Karlsruher Öffentlichkeit präsentiert!

 

Presse und Baden-TV (Filmbericht), Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung und vor allem die Aktiven der Projektgruppe hatten sich auf der Gelände hinter der Hauptkapelle versammelt, um die einzelnen Naturschutzmaßnahmen in Augenschein zu nehmen und aus berufenem Munde Sinn und Zweck dieser recht ungewöhnlichen Konzeption zu erfahren. Die Bürgermeisterin stellte vor allem die Bedeutung der Friedhöfe mit ihrem alten Baumbestand, den efeubewachsenen Mauern, Hecken und kleinen Wiesen sowie der überraschend reichen Tierwelt als nachhaltigen innerstädtischen Naturraum heraus.

 

Gerade in Zeiten des Klimawandels sei es wichtig, diese „grüne Lunge“ zu erhalten und zu pflegen. Gräber unterschiedlicher Gestaltung, besonders gearbeitete Grabsteine, Mausoleen, oft überraschende Ausblicke hinter den Wegebiegungen, eine teils üppige naturnahe Begleitflora, sogar ein Naturteich und Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein. Der Friedhof erfüllt also wichtige Funktionen für das Stadtklima und dient gleichzeitig der stillen Naherholung. Hier sei es jedoch nur vermeintlich still und ruhig: Wer früh morgens hier unterwegs ist, könne neben der besonderen Atmosphäre auch ein Konzert von vielen Vogelstimmen erleben, wie man es anderswo nur noch selten findet.

 

Insekten summen und Schmetterlinge tanzen in der Luft, denn eine vielfältige Tierwelt ist hier vorhanden. Über 40 Vogelarten haben ihr Zuhause in den alten Mauern, den Efeuhecken, dichten Sträuchern oder in den Höhlen der Baumriesen gefunden. Am Abend und in der Nacht tragen die verschlossenen Tore und die wenigen künstlichen Lichtquellen dazu bei, dass sich viele nachtaktive Tiere ungestört bewegen können. Und Nahrung für alle gibt es in Hülle und Fülle. Es wäre zu wünschen, so die Bürgermeisterin, wenn sich solche Initiativen auch für weitere Friedhöfe fänden.

Herr Vogel bedankte sich bei allen, die sich so motiviert und tatkräftig an dem Projekt beteiligt haben und auch weiterhin für die Ausgestaltung und Pflege zur Verfügung stehen werden. In mehreren Gesprächen haben sich die Beteiligten auf einige Flächen verständigt, die im Sinne des Natur- und Artenschutzes entwickelt, umgeplant und mittlerweile gärtnerisch gestaltet wurden. Neben der Anlage von Staudenflächen auf freien Gräbern entlang des Polygonweges bei der kleinen Kapelle wurden auch zwei denkmalgeschützte Grabstätten klimagerecht und artenschutzfreundlich bepflanzt.

Die im nördlichen Teil des Friedhofes entlang der Rintheimer Querallee gelegenen Gräber wurden aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt und mit dauerhaften, insektenfreundlichen und klimaresistenten Pflanzen bepflanzt. Im Mittelpunkt des Projektes wurde jedoch im Feld 1 ein Biotop angelegt, das er besonders herausstellte, denn es wurden Lebensräume und Nahrungsquellen für Insekten, insbesondere für Wildbienen, und für verschiedenste Vogelarten geschaffen und eine Reptilienburg errichtet. Die vorhandenen Beschränkungen dieses Grabfeldes wie z.B. die Prüfungsgräber der Gärtner-Azubis oder die Markierungsflächen des Maschinenparks des Friedhofs stellten zwar Herausforderungen dar, konnten aber in das Konzept gut integriert werden. Er freue sich, dass mit diesem „Vorzeigeprojekt“ ein wichtiger Beitrag zum Natur- und Artenschutz in unserer Stadt gelungen sei und hob das Engagement seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hervor. Das passe hervorragend zu der von Josef Durm konzipierten Anlage, die in diesem Jahr ihr 150jähriges Bestehen feiert.

 

 

Herr Ball stellte ebenfalls die Bedeutung des Projekts heraus. Er hat die Beteiligten fachlich beraten und gärtnerisch unterstützt, die insekten- und vogelfreundlichen Sträucher und Pflanzen besorgt und auch mit seinen Azubis bei der Anpflanzung mitgewirkt. Für ihn ist dabei wichtig zu zeigen, dass Gräber auch anders als sonst üblich bepflanzt werden können, sodass die Biodiversität auch auf Friedhöfen gefördert wird.

 

Artur Bossert zählte anschließend die einzelnen geschaffenen Elemente auf und erläuterte ihre Bedeutung für den Naturschutz. So finden sich auf dem Grabfeld mittlerweile eine ausgemagerte Blumenwiese, ein Teich, mehrere Steinblock- und Totholzhaufen, ein Staudenfeld, ein von Helmut Leopold meisterhaft gefertigtes Insektenbruthaus mit einem davor liegenden „Sandarium“ zur Eiablage und eine „Reptilienburg“ für Eidechsen. Nach Norden hin wird das Projektfeld durch einheimische Sträucher begrenzt; es ist durch einen mit Hackschnitzeln belegten Fußweg und zwei Sitzbänke für Besucher erschlossen. Geplant sind noch Vogeltränken sowie Nistkästen für Fledermäuse und Höhlenbrüter. Angedacht sind eine große Informationstafel, ein Info-Flyer und Führungen für interessierte Öffentlichkeit, um Anregungen für den eigenen Garten zu geben.

 

Artur Bossert bedankte sich ebenfalls bei allen Beteiligten und gab der Hoffnung Ausdruck, dass das Projekt nicht nur bei den Friedhofsbesuchern, sondern auch bei viele Bürgerinnen und Bürgern Akzeptanz und Anregung findet. In Presse und Fernsehen wurde mittlerweile berichtet. (siehe Link oben)

 

Karlsruhe, im August 2024

 

Artur Bossert

 

weiter Berichte über die Anfänge und Entwicklung des Projektes finden Sie hier: